Eltern werden in Zeiten von Corona – Mit dem Baby auf Abstand

Mama und Papa werden ist sicherlich das schönste was einem auf dieser Welt passieren kann. Wir sind Ende April 2020 Eltern geworden, unser Baby ist gesund und munter – doch die aktuelle Situation mit der Corona-Pandemie und der COVID19-Erkrankung hat doch so einiges verändert. Ein Bericht von zwei frisch gebackenen Elternteilen, die mit ihrem Baby leider auf Abstand zu allen gehen müssen.

Die Angst im Vorfeld: Kontaktsperre, Home-Office und Sorgen

Schreckensmeldungen in den Medien, gefühlt überfüllte Krankenhäuser und wir mit unserem ungeborenen Baby. Irgendwie war es ein komisches Gefühl freiwillig in so eine Einrichtung zu gehen, wo eventuell totales Chaos aufgrund des Corona-Virus herrschte. Wochen vor der Geburt haben wir Kontakte zu anderen weitestgehend vermieden. Dank Home-Office bei meinem Arbeitgeber und schon länger bestehendem Beschäftigungsverbot (nicht aufgrund von Corona) bei Alex ging das auch recht gut. Besuch haben wir in unserer Erdgeschosswohnung „über den Balkon“ empfangen. So war man zumindest nicht ganz aus der Welt und konnte noch neben Skype und Videotelefonie per FaceTime und WhatsApp echte Menschen aus dem Umfeld und der Familie sehen und sprechen.

Die Krankenhaus-Situation: Geburt, Kreißsaal, Entbindung & Co

Was wird man normalerweise auf das Ereignis Geburt vorbereitet. Besichtigungen von Kreißsäalen, Geburtsvorbereitungskurse für werdende Eltern, Geburtsplanungsgespräche hinsichtlich Schmerztherapien während der Geburt, Buchung eines Familienzimmers, damit Mama, Papa und Kind zusammen einige Tage im Krankenhaus verbringen können. All das ist seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nur noch eingeschränkt möglich.

Eingeschränkte Geburtsvorbereitung dank Corona

Eine Kreißsaalführung konnten wir noch in einem Krankenhaus machen. Das hatten wir zum Glück schon im November erledigt. Eine alternative Klinik konnten wir uns im März leider nicht mehr ansehen. Grund: Corona. Mama Alex durfte an drei Terminen des Geburtsvorbereitungskurses teilnehmen, danach wurden die restlichen Einheiten abgesagt. Das von uns so sehr gewünschte Familienzimmer, ein Angebot des kommunalen Krankenhauses in der Nähe, komplett gestrichen. Der künftige Papa ist also nur noch zur Entbindung selbst und dem anschließendem Kuscheln für ca. 2 Stunden dabei und muss dann Mama und Kind alleine im Krankenhaus lassen. Kein Besuch möglich. Zumindest war es so in unserem Klinikum.

Die Geburt: Viele Hindernisse und ein Happy End

Am Tag der Geburt hat Alex ab halb 3 in der Nacht Wehen bekommen. Einen Tag vorher haben wir noch unser Babybauch-Shooting gemacht. Der eigentliche Geburtstermin hätte erst zwei Wochen später sein sollen. Die Nacht war unruhig, ein Entspannungsbad hat keine Wirkung gezeigt. Wir also am morgen auf 9 Uhr zur Klinik. Das lief folgendermaßen: Wir beide mit Maske zum Eingang der Notaufnahme. Dort bewachte ein Security-Mann die Tür und ließ – wie wir ja im Vorfeld bereits wussten – nur Mama Alex rein. Ich wartete draußen auf eine Nachricht. Alex wurde untersucht und kam nach ca. eineinhalb Stunden wieder raus. Es war noch zu früh. Wir sollten uns in der Stadt ein wenig die Beine vertreten. Keine leichte Aufgabe bei Wehen im 5-Minuten-Takt. Als diese heftiger wurden, sind wir wieder zurück ins Krankenhaus. Alex wieder rein, ich das Auto geparkt und wieder auf Nachricht gewartet. Dieses Mal dauerten die Untersuchungen deutlich länger. Der Muttermund war wohl noch nicht weit genug offen, so dass Alex die Wahl hatte: Alleine unter Schmerzen im Krankenhaus verbringen oder mit dem Partner gemeinsam – dafür aber zuhause. Laut Aussage der Hebamme könnte es noch Stunden dauern. Nach ca. 2 Stunden konnte ich Alex an der Notaufnahme wieder in Empfang nehmen. Den Weg vom Kreißsaal zurück nach draussen musste sie ganz alleine bewerkstelligen. Die Wehen und somit der Schmerz waren heftiger. Alex war ziemlich neben sich. Wir haben versucht die 15 Kilometer nach Hause zu fahren, haben aber schlussendlich aufgegeben, im Kreißsaal angerufen und sind wieder zurück zur Notaufnahme gefahren.

Die stärksten Eröffnungswehen im Auto

Es war schlimm. Alex hätte den Gang in den Kreißsaal nicht mehr aus eigener Kraft geschafft und konnte nicht mehr alleine aus dem Auto aussteigen. Auf meine Frage nach einem Rollstuhl, hat mich der myrrische Security-Mensch zur Anmeldung durchgewunken. Die Frau dort war mit meiner Frage offensichtlich etwas überfordert und musste erstmal einige Kollegen nach einem Rollstuhl fragen – etwas merkwürdig für die Notaufnahme eines Krankenhauses. Eine Mitarbeiterin hat mich nach draussen begleitet, Alex mit mir in den Rollstuhl gesetzt und dann in den Kreißsaal geschoben. Ich musste draussen bleiben, aber das war ich ja schon gewohnt. Diesmal bekam ich allerdings nach 20 Minuten einen Anruf. Ich soll ihre Sachen durch den Haupteingang reintragen. Näheres wusste ich erstmal nicht, aber ich ahnte schon, dass es vielleicht doch langsam so weit sei.

Ein gutes Ende: Unser gesundes Baby – trotz Corona-Einschränkungen

Vorm Kreißsaal drückte ich auf die Klingel, als sich die Tür öffnete, sah ich Alex und wir wurden gemeinsam in einen Geburtsraum gebracht. Dort dauerte es nur noch ca. eine bis eineinhalb Stunden und dann war unser Baby auf der Welt. Die Hebamme und die betreuende Ärztin waren super nett und haben uns nach der Entbindung noch einige Zeit gemeinsam gegönnt. Als es auf Station ging, hieß es allerdings Abschied nehmen. Papa und Mama und Kind wurden getrennt.

Nach der Geburt schwierig: Der Abstand zu Verwandten und Freunden

Nach der Geburt ist man stolz wie Oskar und möchte sein Baby eigentlich allen Leuten über beide Ohren strahlend in die Hände drücken. Das geht in der jetzigen Situation leider nicht. Wir hätten es uns anders gewünscht. Aber wir sind uns sicher: Keine würde es sich verzeihen, wenn jemand den Kleinen ansteckt bzw. auch andersherum würden wir es uns nicht verzeihen, wenn die Großeltern oder Urgroßeltern infiziert würden, weil wir kurz zuvor in einem Krankenhaus waren. Es ist schwierig den Wünschen von allen gerecht zu werden. Wir wollen keine übervorsichtigen Eltern sein. Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit sich anzustecken inzwischen (Stand Mai 2020) geringer ist als noch vor einigen Wochen, aber keiner kann uns sagen, ob ein Neugeborenes nicht dauerhafte Schäden von einer COVID19-Erkrankung davon tragen würde. Wir versuchen einfach nur all diese möglichen Folgen zu vermeiden.

Wie geht Ihr mit der Situation um? Eltern, Großeltern, Freunde – alle machen sich Gedanken dazu.


Dieser Beitrag ist aus der Papa-Perspektive geschrieben.
Die Eindrücke von Mama habe ich entsprechend kenntlich gemacht bzw. werden in Kürze ergänzt.

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